Grabhügel
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Grabhügel

Der Totenkult der einst am Niederrhein lebenden Bevölkerungen geht in dieser schon verhältnismäßig früh besiedelten Region weit bis in vor- und frühgeschichtliche Zeiten zurück. Unter dem Einfluss mittelrheinischer Völkerschaften entwickelte sich hier die heimische Eisenzeit übergangslos aus der Anfang des 2. Jahrtausend v. Chr. beginnenden Bronzezeit. Besiedelt wurden zunächst  vor allem die hochwasserfreien Rheinterrassen jenseits der Niederungsbereiche, mit der allmählich einsetzenden Klimaverbesserung auch die Bereiche in Gewässernähe. Charakteristisch für die frühe Phase des Bronzezeitalters ist die Körperbestattung und die Hervorhebung wichtiger Persönlichkeiten gegenüber der Masse der Toten durch große Einzelgrabbestattungen abseits der Gräberfelder. Bei diesen exponierten Häuptlingsbegräbnissen wurden mächtige Grabhügel mit darunter liegenden Totenkammern errichtet, denen man zudem Speisen und wertvolle Beigaben, wie Kleidung, Schmuck oder Waffen, zugefügt hat. In dieser Zeit sind vermutlich auch am Unteren Niederrhein die ältesten Grabhügel entstanden.
Eine Vielzahl der gefundenen Grabhügel oder auch Urnenfelder wird in das 1. Jahrtausend v. Chr. datiert, als neue Bevölkerungsgruppen ins Niederrheingebiet einwanderten. Diese brachten Einflüsse der `Urnenfelderkultur` mit, aus der sich mit dem Übergang zum älteren Eisenzeitalter regional die `Niederrheinische Kerbschnittkultur` entwickelte, was wohl zu einem Wechsel der zuvor verbreiteten Glaubensvorstellungen geführt haben muss. So waren die einzelnen Grabhügel nun mehr oder weniger gleichmäßig auf regelrechten Gräberfeldern gestreut, die Ausmaße mit einigen hundert Hügeln annehmen konnten. Angelegt worden sind diese Felder meist getrennt von den Siedlungen oder landwirtschaftlich genutzten Flächen. Es handelte sich bei dieser Kultur vorwiegend um Brandbestattungen. Der Leichnam wurde auf einem Scheiterhaufen verbrannt und man bestattete anschließend den ausgelesenen Knochenbrand in einer Urne, meist ein hohes Tongefäß mit einer flachen Abdeckung. Die einzigen Beigefäße sind kleine Schälchen, die wahrscheinlich ursprünglich ein Salböl oder Reinigungsmittel für die Toten enthielten. Die gesamte kleine Grabgrube wurde dann in der Regel mit einem Erdhügel überdeckt, der über zwei Meter hoch sein konnte und am Fuß mit einem runden oder ovalen Graben eingefriedet wurde. Einfassungen sind gegebenenfalls aus Holzpfählen angefertigt worden.

In der älteren Eisenzeit, die um 700 v. Chr. begann, setzte sich mit der regionalen Entwicklung der `Nordwestlichen Hallstattkultur` weitgehend diese Art der Bestattung durch und bildete fortan die vorherrschende Grabform. Im Verlauf des 5. Jahrhunderts v. Chr. blieb am Niederrhein, im Gegensatz zu anderen Gebieten, auch unter dem Einfluss des keltischen Kulturkreises noch lange Zeit die Sitte erhalten, Grabhügel aufzuschütten. Erst im Zuge der verstärkten Vorstöße der verschiedenen germanischen Stämme wurde diese Art des Totenkultes endgültig abgelöst und wandelte sich schließlich durch den Einmarsch römischer Legionen und letztlich der fränkischen Eroberer in eine Bestattungsform, bei der sich Hunderte, nahbeieinanderliegende, kleine Einzelgräber zu friedhofähnlichen Gräberfeldern zusammengeschlossen haben bzw. einzelne Stammesführer in Fürstengräbern mit prachtvollen Grabbeigaben beigesetzt wurden.
Im Laufe der Jahrhunderte sind am Niederrhein durch die natürlichen Erosionserscheinungen und vor allem die immer intensiver betriebene Bearbeitung der Böden eine Vielzahl der ehemaligen Hügelgräber überformt worden. Die zunehmende Urbarmachung und ackerbauliche Nutzung der Landschaft führten vielerorts zu einer weiteren Abflachung oder völligen Einebnung der ursprünglichen Erhebungen. Dennoch geben die vorhandenen Vorkommen insgesamt noch immer eine gute Vorstellung davon, wie zahlreich sie einst gewesen sein müssen. Denn dort, wo alte Waldflächen die Grabhügel weitgehend geschützt haben, lassen sich auch heute vielfach noch die Anschüttungen der ehemaligen Gräber besichtigen.
Die bedeutendsten Vorkommen an Hügelgräbern befinden sich im südlichen Gebietsteil des Reichswaldes, wo mehrere hundert Hügelgräber aus der späten Bronze- bzw. auch frühen Hallstattzeit (ca. 900 bis 500 v. Chr.) liegen. Die zahlreichen Erdhügel weisen eine mittlere Größe bei einem Durchmesser zwischen 5 und 15 Metern auf. Ein weiteres bedeutendes Gräberfeld aus der Hallstattzeit befindet sich im Hochwald östlich von Uedem, wo noch deutlich mehr als 40, bezeichnenderweise mit Dünensand aufgeschüttete Grabhügel zu erkennen sind, die sich weitgestreut über den gesamten Wald verteilen. Zwischen diesen Hügeln befinden sich weitere kleine, kaum noch erkennbare Erderhebungen, so dass von einer Gesamtzahl von über 200 Gräbern ausgegangen wird.
Grabhügel stellen insgesamt wichtige kulturhistorische Landschaftselemente dar. Sie sind letzte sichtbare Zeugnisse der frühen, am Niederrhein ansässigen Bevölkerungsgruppen. Das ehrfürchtig, hohe Alter der noch vorhandenen Gräber macht die Hügel zu beeindruckenden Bestandteilen der Landschaft und gibt dem jeweiligen Waldausschnitt einen besonderen, stark geschichtlich beeinflussten Erlebniswert.

Naturschutz im Kreis Kleve

ein Projekt von Holger Hillmann (Texte, Fotos) und Thomas Bäumen (Redaktion, Webdesign und weitere Fotos)

 

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